Der demografische Wandel schreitet unaufhaltsam voran und die Gruppe älterer Nutzer:innen von digitalen Services wird in den kommenden Jahren immer größer werden. Viele Menschen, insbesondere die Generation 60+, fürchten, der technischen Entwicklung nicht folgen zu können. Diese Generation ist in einer analogen Welt aufgewachsen und hat oft weniger Erfahrung mit digitalen Technologien. Besonders betroffen sind ältere Frauen, die historisch weniger Zugang zu Technologie hatten und somit weniger Digitalkompetenz aufbauen konnten.
Für uns als Service Designer:innen zeigt das eine klare Richtung auf: Services müssen unbedingt barrierearm gestalten werden. Es ist entscheidend, dass alle Nutzer:innen – besonders ältere Menschen, die sich oft unsicher fühlen – ausreichend unterstützt und mitgedacht werden!
Unsere Einladung, auf dem CBF einen Workshop zu halten, haben wir deshalb diesem wichtigen Thema gewidmet. Mit dabei: 10 Interessierte aus unterschiedlichen Teilen der Verwaltungsarbeit. Mit ihnen sind wir gemeinsam fünf unterschiedliche Service Aufgaben durchgegangen, die die Teilnehmenden mit einer Simulationsbrille und Handschuhen lösen sollten.
Zu Beginn der Übung erhielt jedes Zweierteam einen Briefumschlag mit dem zu testendem Service, den Gadgets, sowie eine Anleitung zur Nutzung der Brillen, Handschuhe, Laptops und Kopfhörer.
Jedes Teammitglied testete dann den digitalen oder analogen Service oder schlüpfte in die Rolle der begleitenden Helfer:in, die im Alltag von Familienangehörigen, Pflegekräften, Nachbar:innen und Senior:innenbegleiter:innen geleistet wird.
Beispielsweise sollte ein Team die Benutzerfreundlichkeit eines digitalen Interfaces in Form eines Behördentextes unter erschwerten Bedingungen lesen und testen. Dabei hat die Brille die Sicht beeinträchtigt und die Handschuhe die Bedienung des Touchscreens erschwert, was realistische Herausforderungen simuliert, denen ältere Benutzer:innen in verschiedenen digitalen Verwaltungsservices begegnen können.
Nachdem jedes Teammitglied den Service getestet hatte, dokumentierten sie ihre Erfahrungen und die spezifischen Probleme, auf die sie gestoßen sind. Dies umfasste Schwierigkeiten beim Lesen des Textes, Probleme bei der Navigation durch die Seite oder technische Hürden bei der Interaktion mit dem Interface. Außerdem dokumentierten die Teilnehmer:innen ihre Gefühle bei der Nutzung und sammelten dabei ihre Schmerzpunkte in Form von »Pain Points«.
Wir fragten: Wie fühlt ihr euch in diesem Moment? Die häufigsten Antworten waren:
-> Frustration
-> Hilflosigkeit
-> Überforderung
Unsere weitere Diskussion mit den Teilnehmenden ergab: die größten Herausforderungen für Menschen, die im digitalen Raum nicht gut zurechtkommen, besteht darin, um Hilfe zu bitten oder diese einzufordern. Scham führt oft dazu, dass sie sich zurückhalten. Erst wenn Menschen wissen, dass sie nicht allein sind, können sie die verfügbaren Hilfsangebote annehmen.
Der schnelle Perspektivwechsel auf den eigenen Service ist unkompliziert und kurzweilig, und wir empfehlen dieses Format von Herzen weiter. Wir wünschen viele Ein- und Aussichten!